Dienstag, 12. Juli 2011

De lo digital a lo físico



Von Druckerschwärze und Aluminiumplatten


Die dritte Ausgabe. The City Paper No. 38. Und ich bin dabei. Es ist zwar nur ein Artikel, aber der ist dafür umso aussagekräftiger, da das Thema komplett selbstbestimmt ist, viel Herzblut drinsteckt und ich auf die Straße musste. Es geht um Verkäufer, nicht die typischen llamadas oder USB-Sticks die lauthals von vagabundierenden fußläufigen Händlern vertrieben werden, sondern es geht vielmehr um solche, die ihr Auto zum Geschäft machen. Da werden allerlei interessante Dinge verkauft, so z.B. Lederwaren, Eis und Kaffee in all seinen Formen (von Espresso bis zur Latte Macchiato), aber auch viel Kurioseres: kopflose Hühner frisch geschlachtet. Natürlich sind diese Formen des Verkaufens nicht unbedingt legal, aber was hier alles am Rande des Verbotenen stattfindet, lässt sich nicht einmal an zehn Händen abzählen. Dieser Artikel hat mich also auf die Straße getrieben, anfangs waren die meisten Angesprochenen recht zurückhaltend, aber letztendlich konnte ich den meisten Vertrauen erwecken und sie erzählten mir ihre Geschichten.

Der Morgen der Verwirklichung, des Druckens der Zeitung klopft nunmehr an die Tür. Und zwar früh, sehr früh, ich stehe um Viertel vor fünf auf, denn die Busfahrt in dem kleinen abgedroschenen colectivo dauert so seine Zeit, da die Druckerei in der Nähe des Flughafens liegt. Weit weg vom Zentrum der Stadt. Um sieben steh ich pünktlich vor der Tür der wichtigsten Wirtschafts-Zeitung Kolumbiens: La República. Hier werden auch viele andere kleine nationale Zeitungen gedruckt, wie die Tageszeitung der Südseeinsel San Andrés oder die monatliche Gemeinschaftsausgabe einiger Stadtviertel Bogotás. Und eben auch The City Paper. María Claudia hat Geburtstag, meine Chefin. Aber das nur am Rande (der Legalität versteht sich). Zuerst werden alle Seiten der Zeitungen am Computer mit Hilfe eines Grafikdesigners ins rechte Licht gerückt. Es geht darum, dass alles perfekt in die vorgegeben Maße passt. Außerdem können noch Kleinigkeiten verändert werden. Da gibt es einige Fotos, die doch noch irgendwie im RGB-Modus auftauchen und nicht wie gewünscht im CMYK-Modus oder die Farbpalette ist bereits ausgereizt und es müssen einige verändert werden. Es wird zurecht geruckelt und gezuckelt bevor es zum Negativ der Zeitung geht: Aluminiumplatten. Diese werden gedruckt in einem riesigen Fotodrucker, aber eben nicht auf Papier, sondern auf Metall. Man gut, dass die Technik nicht bei Gutenberg stehen geblieben ist, sonst würden wir noch jetzt (einen Monat später) Buchstaben in die richtige Reihenfolge setzen. Jede der vier Farben einzeln, aber vier Seiten auf einer Platte, in einer Anordnung, die selbst Richard, der Verleger, noch immer nicht versteht. Dieser Prozess dauert, somit haben wir ein wenig Zeit in der quietschgrün gestrichenen Kantine zu frühstücken. Natürlich typisch kolumbianisch: Eier je nach gusto, fluffiges Weißbrot und heiße Schokolade (oder Kaffee, von dem mir jedoch MC abrät). Danach geht es von dem so geordneten und ruhigen Bereich, in dem Journalisten und Designer ihre Arbeiter verrichten zwei Türen weiter. Dort ist nichts mehr von der Stille zu spüren: Maschinen rattern, Männer und Frauen in Blaumännern schleppen Zeitungspapier und Farben durch die Gegend, versuchen sich lautstark oder auch mit Handzeichen zu verständigen. Es ist laut und Druckerschwärze liegt in der Luft. Die riesige Druckermaschine wird zum Stillstand gebracht, die Platten werden eingespannt und schon wird die Geschwindigkeit wieder hochgedreht. Erste Exemplare werden ausgespuckt, jetzt werden Farben berichtigt. Vor allem wird nach der Perfektion der Werbeanzeigen geschaut, außerdem muss jede Aluminiumplatte haargenau an der gleichen Stelle sitzen, damit keine Unschärfe auf der gedruckten Seite entsteht. Ein langwieriger Prozess. Immer wieder werden Zeitungsexemplare herausgefischt und genau nachgesehen, ob alles stimmt. Als wir zufrieden sind mit dem Druck, wird die Geschwindigkeit hochgeregelt. Die Druckerpresse druckt und druckt. Immer wieder werden Exemplare herausgegriffen, um die Qualität zu sichern. Binnen einer halben Stunde werden etwa 11.000 Zeitungen gedruckt, es ginge auch schneller, aber je schneller die Presse läuft, desto höher ist das Risiko, dass das Papier reißt und das würde bedeuten, nochmal fast von Vorne zu beginnen. Die Zeitungsränder müssen geschnitten werden und dann werden Pakete á 200 Ausgaben per Hand geschnürt. Gegen Mittag verlassen wir das Gebäude, essen zusammen Pizza und dann geht es zur Verteilung, zumindest schon ein paar Stadtviertel werden mit der neuesten Ausgabe von The City Paper bestückt. Viel Hand- und Beinarbeit. In meinen Händen halte ich meinen gedruckten Artikel.

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