Reden ist Silber, Schweigen ist…
Die Partys haben kein Ende. Da gab es am Samstag eine Überraschungsfete im Süden für einen Freund. Während des gemeinsamen Wartens werden schlechte und noch schlechtere Witze erzählt (da fühlt man sich fast wie zu Hause), einige verstehe ich glücklicherweise nicht, dazu fehlen mir noch immer einige Wörter, ein wenig kultureller Hintergrund oder auch einfach das Interesse sie zu verstehen.
Nachdem die Zeit von schlechten Witzen totgeschlagen wurde, kam dann auch das Geburtstagskind, Luftballons, Konfetti, wie bei einem 15. Geburtstag, der hier riesig gefeiert wird, vor allem für die dann schon nicht mehr ganz so kleinen Mädels. Scheint fast wichtiger als der 18. Geburtstag. Aber Wilson hat schon beide dieser Zahlen hinter sich gelassen. Es wird gefeiert und getrunken bis der Morgen graut. Langsam schwindet meine Stimme dahin, und als es dann Muttertag Frühstück heißt, kommt kein einziger Ton zwischen meinen Stimmbändern hervor. Nichts, so sehr ich es auch versuche. Blöd, wenn das Telefon klingelt und man quasi nichts antworten kann.
Diese Woche verbringe ich in Gesellschaft. Ohne Stimme, aber mit neuer „Mitbewohnerin“, Franziska kommt am Montagabend an. Wieso, weshalb, warum es dazu kam… Am Freitagabend waren wir noch gemeinsam im Kino, „Contracorriente“, ein sehr guter kolumbianischer Film, am Samstagmittag dann haben wir zusammen gekocht. Ich machte mich auf den Weg in den Süden und Franziska sich auf den Heimweg. Fataler Fehler, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat. Gegen acht klingelt mein Handy. Schlechte Nachrichten. Franziska ist überfallen worden, in dem Studentenwohnheim, in dem sie gewohnt hat. Und das nicht ohne, bewaffneter Raubüberfall. Plötzlich standen drei Männer in ihrem Zimmer, einer von ihnen scheinbar von Drogen vernebelt, alle fuchteln mit ihren Waffen herum, der Laptop auf dem Bett. Danach wird sie mit zwei Mitbewohnern ins Bad gesperrt. Glücklicherweise hat einer von ihnen sein Handy dabei, Polizei wird gerufen… Sicherlich passiert so etwas auch in anderen Ländern, wie schattig die Seiten sein können, wird einem aber immer erst durch solche Ereignisse bewusst. Nach zwei schlaflosen Nächten zieht Franzi dann bei uns ein. Normalerweise wäre sie bis Ende Mai geblieben, normalerweise. Zum Büro der Airfrance und ohne Probleme umbuchen, eine Woche bleibt uns. Die Gespräche sind immer noch recht einseitig, da meine Stimme einfach nicht zurückkommen will, ab und an kommt ein kurzes Krächzen aus meiner Kehle, aber so wirklich unterhaltsam ist das auch nicht. Trotz der Umstände ist es eine schöne Woche, eine Woche, in der ich viel Deutsch rede (und diesmal fehlen mir die Worte nicht, also im übertragenen Sinne schon), gemeinsames Kochen, gemeinsam essen, Vorfreude auf heimatähnliche Orte, eben eine Woche voller Zusammensein, wenig Einsamkeit. Ein Pizza-Abend zusammen mit Nina, es wird viel gelacht (in meinem Fall noch immer gekrächzt), ein bisschen Wein getrunken und eben viel „Mädchen-Zeugs“ beredet. Später gibt es ein paar Problemchen mit Bastian, er will plötzlich überzogen viel Geld, dafür dass Franzi ne Woche bei uns wohnt, das trübt die Stimmung ein wenig, aber letztendlich regeln wir das alles nach einem ewiglangen Gespräch.
Am Freitag gruselt’s mich im Kino, zusammen mit Kike sehe ich mir „Nightmare on Elm Street“ an, eine gute Neuverfilmung, aber alleine schlafen will man danach nicht, also pack ich Kike ein und die Wohnung wird noch ein bisschen voller. So eine Woche in Gesellschaft fliegt auch einfach so vorbei, es ist bereits Samstag, Franzi und ich gehen noch mal richtig gut essen, im WOK, eine Kette mit sehr, sehr gutem asiatischen Essen, es gibt herrlichen Lachs auf Sushi-Reis und Mango-Soße und ein Nasi Goreng mit Meeresfrüchten… Und Vorspeise und Nachspeise, Espresso (jaaaa, es gibt Espresso und nicht nur faden tinto) leisten wir uns auch, für studentische Verhältnisse ist es schon nicht ganz günstig, aber umgerechnet zahlt jeder nicht mehr als 15 Euro, aber man muss sich ja auch manchmal was gönnen. Abends geht’s dann noch mal zu Nina, wir laufen zu Fuß durch das nächtliche, sehr ruhige Bogotá, Abschied liegt in der Luft. Der Sonntagmorgen erstrahlt in gleißendem Sonnenschein, wir fahren Richtung Norden, treffen uns mit einer Freundin von Franzi und verbringen einen schönen Tag, schlendernd über Märkte, hier noch eine Kleinigkeit, wir probieren eine Koka-Limonade, lassen uns die Sonne auf die Nase scheinen und realisieren noch gar nicht wirklich, dass es die letzten Stunden für eine von uns sind. Gegen Nachmittag geht’s dann zum Flughafen…
Was in Kolumbien begonnen hat, führt mich weiter. Das Schreiben über Reisen. Santiago de Compostela habe ich zu Fuß erreicht. Nach Santiago de Chile muss ich wohl per Flieger. Und dann weiter in den Süden: Concepción.
Donnerstag, 27. Mai 2010
Donnerstag, 13. Mai 2010
Olé, ola, ola verde…
Grau, grau, grau sind alle meine Kleider
Manchmal wird die Großstadt zur wirklichen Großstadt. Dann verschwinden die kleinen Nischen und Ecken, alles wird von einer riesigen grauen Wolke verschlungen (nein – keine Aschwolke, die ist euch Daheimgebliebenen vorbehalten). Hier ist es keine Asche, die sich auf alles und jeden niederlegt, sondern vielmehr der Smog. Nur selten haben die wenigen Sonnenstrahlen der letzten Tage die Kraft die dichte Wolkendecke zu durchdringen. Und wenn, dann auch nur für kurze Zeit.
Jedoch kommt ein wenig Farbe ins Spiel. Die grüne Welle. Keine neuen Parks oder Wiesen, die erbaut bzw. gepflanzt werden. Vielmehr eine politische Welle. Die Grünen in Kolumbien. Erst dachte ich, das sei ein Scherz. Aber nein, es hat sich eine neue Partei gegründet, die mittlerweile viele, viele Anhänger hat, insbesondere junge Menschen. Und was noch wichtiger ist: Die Partei hat eine Vision. Von einem ganz anderen Kolumbien. Die Moral der Menschen hier muss geändert werden. So wie Mockus, der Präsidentschaftskandidat der Grünen, es bereits zweimal in Bogotá getan hat. Mockus war zunächst unabhängig von jeglicher Partei, Direktor der Universidad Nacional de Colombia bis er, um einen Protest aufzulösen vor versammelter aufgebrachter Studentenschaft die Hosen runter gelassen hat (und das nicht nur im bildlichen Sinne gesprochen). Mit seinem ganz anderen Wahlkampf hat er es zum Bürgermeister der Hauptstadt geschafft, ist als Mähre verkleidet durch die Straßen gezogen, hat neue erfolgreiche Gesetze eingeführt und viel für die Hauptstadt getan. Jetzt hat er die Unterstützung einer neuen frischen Partei. Mit gestärktem Rückgrat trotzt er Angriffen der anderen Parteien, die alle gegen Mockus sind, da er nicht für den Uribismus steht. Sein Hauptgegner: Santos. Ehemaliger Verteidigungsminister, widerspricht sich gerne selbst, macht seine Gegner schlecht und erfährt trotz allem breite Unterstützung aus den Reihen der Bevölkerung. Und wenn nicht, dann wird sie eben gekauft oder erzwungen. So einfach ist das hier. Oft nur allzu offensichtlich, Korruption herrscht zwar überall auf der Welt, hier ist sie jedoch für jedermann sichtbar, wenn man sie denn sehen will.
Es ist spannend zu beobachten, was gerade so passiert. Mockus hat einen Großteil des Geldes, welches ihm und seiner Partei für den Wahlkampf zur Verfügung steht, in den Aufbau von Schulen investiert, macht Wahlkampf vor allem in jüngeren Medien. So ist täglich Neues auf Facebook von ihm zu lesen, er twittert fleißig, man hat plötzlich das Wahlprogramm in seinem Postfach. ZU Beginn dachte jeder noch, Eintagsfliege, hat so oder so keine Chancen gegen die vorhersehbaren Wahlen. Doch irgendwas passiert in den Köpfen, natürlich insbesondere in Bogotá und da vor allem in den Köpfen jüngerer Menschen, eben denjenigen, den der Zugang zum Internet gegeben ist. Es werden auch witzige Gruppen gegründet, wie z.B. „Prefiero el Parkinson de Mockus que la Gonorrea de Santos“ (zu deutsch: „Ich ziehe Mockus’ Parkinson der Gonorrhö von Santos vor“, zur Erklärung: vor einigen Wochen hat man bei Mockus das Anfangsstadium von Parkinson diagnostiziert, worauf jetzt die Partido de la U rumreitet und „gonorrea“ wird hier sehr gerne als Schimpfwort verwendet). Vielleicht ist es eine kleine Revolution, die da auf uns zurollt. In Form einer grünen Welle eben. Mittlerweile liegt Mockus in den Umfragen vor Santos, aber das hat in einem Land wie Kolumbien wenig zu bedeuten. Die Küstenregionen und natürlich auch die abgelegen ländlichen Gegenden sind alt eingesessen und werden ihre Stimmen nicht für solch einen Grünschnabel abgeben. So viel steht fest, es wird spannend.
Ich für meinen Teil würde mir ein wenig Wandel in diesem Land wünschen. Die Mentalität der Menschen, einwenig den Umgang miteinander, das Bildungswesen natürlich (Mockus sprach von einem Ausbildungssystem, das er sich von den Deutschen abschaut.) und vielleicht wird sogar ein Umweltbewusstsein geschaffen. Am 30.Mai wissen wir mehr, obwohl, wahrscheinlich wird es zu einer Stichwahl kommen, die wäre dann am 20.Juni. Jetzt flüchte ich mich erstmal zu den wirklichen Wellen, eine Woche San Andrés, Karibikinsel, weit, weit draußen im karibischen Meer. Lasse die Wellen des kristallklaren Wassers gegen meinen Körper schwappen und bin gespannt auf die letzte Woche Wahlkampf und, ganz klar, auf die Ergebnisse.
Kleiner Nachtrag: Interessantes Video über Mockus, seinen Wahlkampf zum Bürgermeister Bogotás und eben diese Zeit (ist allerdings auf Englisch/Spanisch)
http://www.megavideo.com/?v=0MKNIESG
Manchmal wird die Großstadt zur wirklichen Großstadt. Dann verschwinden die kleinen Nischen und Ecken, alles wird von einer riesigen grauen Wolke verschlungen (nein – keine Aschwolke, die ist euch Daheimgebliebenen vorbehalten). Hier ist es keine Asche, die sich auf alles und jeden niederlegt, sondern vielmehr der Smog. Nur selten haben die wenigen Sonnenstrahlen der letzten Tage die Kraft die dichte Wolkendecke zu durchdringen. Und wenn, dann auch nur für kurze Zeit.
Jedoch kommt ein wenig Farbe ins Spiel. Die grüne Welle. Keine neuen Parks oder Wiesen, die erbaut bzw. gepflanzt werden. Vielmehr eine politische Welle. Die Grünen in Kolumbien. Erst dachte ich, das sei ein Scherz. Aber nein, es hat sich eine neue Partei gegründet, die mittlerweile viele, viele Anhänger hat, insbesondere junge Menschen. Und was noch wichtiger ist: Die Partei hat eine Vision. Von einem ganz anderen Kolumbien. Die Moral der Menschen hier muss geändert werden. So wie Mockus, der Präsidentschaftskandidat der Grünen, es bereits zweimal in Bogotá getan hat. Mockus war zunächst unabhängig von jeglicher Partei, Direktor der Universidad Nacional de Colombia bis er, um einen Protest aufzulösen vor versammelter aufgebrachter Studentenschaft die Hosen runter gelassen hat (und das nicht nur im bildlichen Sinne gesprochen). Mit seinem ganz anderen Wahlkampf hat er es zum Bürgermeister der Hauptstadt geschafft, ist als Mähre verkleidet durch die Straßen gezogen, hat neue erfolgreiche Gesetze eingeführt und viel für die Hauptstadt getan. Jetzt hat er die Unterstützung einer neuen frischen Partei. Mit gestärktem Rückgrat trotzt er Angriffen der anderen Parteien, die alle gegen Mockus sind, da er nicht für den Uribismus steht. Sein Hauptgegner: Santos. Ehemaliger Verteidigungsminister, widerspricht sich gerne selbst, macht seine Gegner schlecht und erfährt trotz allem breite Unterstützung aus den Reihen der Bevölkerung. Und wenn nicht, dann wird sie eben gekauft oder erzwungen. So einfach ist das hier. Oft nur allzu offensichtlich, Korruption herrscht zwar überall auf der Welt, hier ist sie jedoch für jedermann sichtbar, wenn man sie denn sehen will.
Es ist spannend zu beobachten, was gerade so passiert. Mockus hat einen Großteil des Geldes, welches ihm und seiner Partei für den Wahlkampf zur Verfügung steht, in den Aufbau von Schulen investiert, macht Wahlkampf vor allem in jüngeren Medien. So ist täglich Neues auf Facebook von ihm zu lesen, er twittert fleißig, man hat plötzlich das Wahlprogramm in seinem Postfach. ZU Beginn dachte jeder noch, Eintagsfliege, hat so oder so keine Chancen gegen die vorhersehbaren Wahlen. Doch irgendwas passiert in den Köpfen, natürlich insbesondere in Bogotá und da vor allem in den Köpfen jüngerer Menschen, eben denjenigen, den der Zugang zum Internet gegeben ist. Es werden auch witzige Gruppen gegründet, wie z.B. „Prefiero el Parkinson de Mockus que la Gonorrea de Santos“ (zu deutsch: „Ich ziehe Mockus’ Parkinson der Gonorrhö von Santos vor“, zur Erklärung: vor einigen Wochen hat man bei Mockus das Anfangsstadium von Parkinson diagnostiziert, worauf jetzt die Partido de la U rumreitet und „gonorrea“ wird hier sehr gerne als Schimpfwort verwendet). Vielleicht ist es eine kleine Revolution, die da auf uns zurollt. In Form einer grünen Welle eben. Mittlerweile liegt Mockus in den Umfragen vor Santos, aber das hat in einem Land wie Kolumbien wenig zu bedeuten. Die Küstenregionen und natürlich auch die abgelegen ländlichen Gegenden sind alt eingesessen und werden ihre Stimmen nicht für solch einen Grünschnabel abgeben. So viel steht fest, es wird spannend.
Ich für meinen Teil würde mir ein wenig Wandel in diesem Land wünschen. Die Mentalität der Menschen, einwenig den Umgang miteinander, das Bildungswesen natürlich (Mockus sprach von einem Ausbildungssystem, das er sich von den Deutschen abschaut.) und vielleicht wird sogar ein Umweltbewusstsein geschaffen. Am 30.Mai wissen wir mehr, obwohl, wahrscheinlich wird es zu einer Stichwahl kommen, die wäre dann am 20.Juni. Jetzt flüchte ich mich erstmal zu den wirklichen Wellen, eine Woche San Andrés, Karibikinsel, weit, weit draußen im karibischen Meer. Lasse die Wellen des kristallklaren Wassers gegen meinen Körper schwappen und bin gespannt auf die letzte Woche Wahlkampf und, ganz klar, auf die Ergebnisse.
Kleiner Nachtrag: Interessantes Video über Mockus, seinen Wahlkampf zum Bürgermeister Bogotás und eben diese Zeit (ist allerdings auf Englisch/Spanisch)
http://www.megavideo.com/?v=0MKNIESG
Donnerstag, 6. Mai 2010
Un concierto bacano y un juego autóctono
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Ein verrücktes Wochenende mehr
Kurze Zeit glaubte ich, dass es vorüber sei mit dem Regen, zumindest war dieses Wochenende wolken- und regenfrei. Aber nein, pünktlich zum Wochenbeginn kam all das Regenwasser hinunter geprasselt, welches uns am Wochenende erspart wurde. Meine Kleidung von vorgestern tropft noch quasi noch immer… Sechsmal duschen pro Tag dürfte recht ungesund sein. Einmal morgens, dann zum Schwimmen, danach die nächste Dusche auf dem Weg von der Uni zur Haltestelle (was in etwa 5 Minuten Fußweg sind), danach konnte ich meine Kleidung komplett auswringen, im Transmilenio etwas getrocknet, wieder raus, auf dem Weg zur anderen Uni wieder ein Regenguss, das Wasser steht in meinen Schuhen. Noch ist es warm, ein heißer Kaffee und Gespräche über Möglichkeiten den Master im Ausland zu verbringen (ein Kolumbianer in Deutschland und eine Deutsche in Kolumbien). Zwei Stunden später auf dem Nachhauseweg, der Regen hat noch nicht geendet und da Madame ja keinen Regenschirm besitzt (den sie so oder so nur verlieren würde, ständig) bedeutet das erneutes Durchweichen. Zuhause angekommen, vom Mitbewohner ausgelacht, Klamotten vom Körper gerissen und zähneklappernd unter die heiße Dusche, noch mal ne Erkältung muss nicht sein. Starker Wochenbeginn also, nach einem starken Wochenende. Das erste, das ich komplett gefeiert hab und unterwegs war, wenig Schlaf, viele Leute, auch das ein oder andere alkoholische Getränk und viel Musik.
Der Freitag stand ganz im Zeichen des Geburtstages einer guten Freundin, Luz, in deren Wohnung ich anfangs gewohnt habe. Hier fängt das Feiern ziemlich früh an, Kike und ich waren also um acht Uhr abends schon spät dran, die Bar überfüllt, beinahe wären wir nicht reingekommen. Die Musik dröhnt, die Massen tanzen, wir finden noch zwei Stühle und setzen uns mit an den Tisch. Das Bier wird gleich im Kasten geordert, da die Bedienung sonst bei dieser Fülle überfordert wäre. Es scheinen ziemlich populäre Lieder zu laufen, bei jedem neuen ersten Ton brechen die Kolumbianer um mich herum in Jubelgeschrei aus und alle singen fleißig mit. Ein bisschen wie Karneval, nur nicht ganz so schreckliche Lieder. Es wird kein Ententanz aufgeführt und auch Kinderlieder werden vor der Verrohung bewahrt. Dann Vallenato. Ein typischer „Tanz“, eigentlich geht es nur darum möglichst eng aneinander geschmiegt sich im Takt zu wiegen. Kike zieht mich auf die Tanzfläche… ZU späterer Stunde dann Musik wie Salsa und auch noch ein wenig na ja, aufreibender. Irgendwann wird sogar ein wenig Techno und House gespielt, ganz wie in den deutschen Diskos, nur leert sich hier die Tanzfläche eher. Wir bleiben und schwitzen und hüpfen und tanzen, mal ein bisschen europäisch. Gegen zwölf Uhr kommen zwei coole Jungs mit Goldkettchen auf die Bühne gesprungen. Aus Cali. Und bringen die Menge wieder zum Tanzen. Reggeaton. Ach, was werde ich es vermissen. Tanzen und weggehen ist hier einfach etwas anderes. Gegen drei Uhr nachts liegen wir völlig erschöpft im Bett. So sind wir also in den Mai getanzt.
Eine geöffnete Bäckerei finden wir am Samstagmorgen nicht. Nur einen Supermarkt, Hauptsache ein bisschen frisches Baguette. Ich habe es mittlerweile sogar geschafft den werten Herrn davon zu überzeugen, Frischkäse mit Marmelade aufs Brot zu essen. Schmeckt. Auch wenn er es nicht zugeben will.
Gegen Nachmittag breche ich auf, spaziere die einsamen Straßen entlang, hinauf, steile Straßen bis zum Viertel La Macarena. Dort suche ich eine Garage. Genau. Um mein Auto zu parken. Ach nein, ich habe ja gar keins. In einem kleinen Hinterhof befindet sich heute eine kleine Zurschaustellung von verschiedenen Designern, darunter auch eine Freundin. Von Kleidung über Schuhe und Schmuck bis hin zu Lampen und Pflanzen. Ein bunter kreativer Mix. Ich verliebe mich in ein paar Schuhe, sammle Anregung zur Verzierung von Räumen. Da gibt es Pflanzen, die aussehen wie Steine (und auch so heißen: piedras vivientes, zu deutsch: lebende Steine), sie fühlen sich ganz glatt an, stammen aus Afrika und faszinieren mich. Andere Pflanzen befinden sich in einem alten Telefon, dort wo früher einmal die Drehscheibe war oder in verformten Vinyl-Platten. Auch die Lampen, die von der Decke hängen, versprühen ein angenehmes Licht. Die Wand-Aufkleber von chispum sind hervorragend.
http://chispum.com/blog/
Wenn man doch nicht aufs Geld achten müsste.
Ein paar Freunde kommen spät, später als verabredet, aber sie kommen. In einer nahe gelegenen Pizzeria gehen wir essen. Die beste vegetarische Calzone meines Lebens und ich kann es kaum glauben, aber sie kostet nur 3,500 Pesos. Großartig. Dann stapfe ich alleine weiter durch die bereits dunklen Straßen Bogotás. Einsam und verlassen. Richtung Parque Nacional. Dort spielen an diesem Abend Juerga Latina. Rap aus Bogotá vermischt mit Latino-Klängen.
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http://www.myspace.com/juergalatina
Ein guter Freund spielt Keyboard. Nur erstmal hinfinden. Die Adresse habe ich zwar, aber so ganz wohl in den wenig beleuchteten Straßen fühle ich mich nicht. Da blicke ich in zwei suchende Gesichter, ein Künstler-Pärchen, die ebenfalls jemanden aus der Band kennen, sucht genau wie ich das Haus Buena Vista (die angeblich beste Salsa-Bar Bogotás). Zusammen finden wir es, Yamile und Rodriguo sind nett und aufgeschlossen, wir kommen ins Gespräch, was ganz gut ist, denn wir sind bis jetzt die einzigen. Zehn Minuten später treffen die ersten Instrumente und Band-Mitglieder ein. Uns wurde gesagt um acht. Die Bar füllt sich nur spärlich, wir kriegen die Karte gereicht und verschlucken uns beinahe, recht happig die Preise. Wir bestellen erstmal nichts, warten und unterhalten uns. So vergeht die Zeit bis dann einige meiner Freunde auftauchen, zu denen ich mich geselle.
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Das Konzert beginnt so in etwa gegen halb zwölf. Reichlich spät, dafür ist es aber nicht zu verachten. Auf der Tanzfläche befinden sich ein paar Mädels, die aus dem Kreischen gar nicht mehr rauskommen. Als das Konzert vorbei ist, überlegen wir, wohin es denn gehen könnte. Ein Auto, acht Personen. Passt. Im Schneckentempo geht’s zu unserer Wohnung. Und da wird leise weitergefeiert. Getanzt, getrunken, gegessen (selbst die, die das restliche Kaninchen erledigt haben, haben überlebt). Nachts kann man hier alles Mögliche über einen Nachtkurier bestellen, sei es nur eine Schachtel Zigaretten. So ist es draußen bereits wieder hell als die sechs letzten Personen sich im Wohnzimmer zum Schlafen verteilen. Die Vögel zwitschern schon lange wieder.
Nach zwei Stunden Schlaf und ein wenig Aufräumen, dem verschlafenen Blick meines Mitbewohners und ein wenig Koffein, fahren wir Richtung Süden. Die Verabredung zum tejo spielen steht nämlich noch aus. Eigentlich sollten wir uns alle um zwei bei Kike treffen. Als wir losgehen ist es fünf. Die Kolumbianer und die Zeit. Das ist so eine Sache.
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Da Sonntagnachmittag ist, ist es gar nicht so einfach ein nicht besetztes Spielfeld zu finden. Wir sind viele, also teilen wir uns auf. Dem Glück ganz nah, finden wir einen Ort, doch als der Inhaber sieht, dass auch Frauen dabei sind, lässt er uns doch nicht spielen. Auf die Frage weshalb, weil halt. Abbringen lassen wir uns nicht. Fleißig geht die Sucherei weiter. Bis wir etwas finden. Tejo also. Man stelle sich eine riesige Halle vor, insbesondere männliches Publikum, viel Bier und explodierendes Schwarzpulver. Keine Angst, ist nur ein klein wenig gefährlich.
Da wir so viele sind, teilen wir uns auf, bekommen zwei Felder. Es gibt jeweils zwei Teams. Auf jeder Seite der Halle befinden sich rechteckige mit Lehm gefüllte angeschrägte Platten. In der Mitte eine runde Markierung, die von dreieckigen mit Schwarzpulver gefüllten Papierstücken verziert ist. Dann gibt es noch den tejo. Eine Art Puck, ziemlich schwer, gusseisern. Diesen gilt es so nah wie möglich aus einer beachtlichen Entfernung eben in die Mitte der Platte zu befördern. Und am besten das Schwarzpulver explodieren zu lassen. Dazu gibt es jede Menge Bier. Meine ersten Würfe gehen komplett daneben, habe schon Angst, dass ich jemanden versehentlich ermorde und doch noch in einem kolumbianischen Gefängnis lande. Aber es wird besser. Und besser. Die Koordination klappt, der Pegel steigt und wir spielen fröhlich. Dann. Ein Wunder. Ich treffe mitten in die Mitte. Glücksgeschrei. Luftsprünge. Einschlagen.
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Wir werden etwas seltsam beäugt von dem restlichen doch eher älteren Publikum. Schlussendlich gewinnt mein Team sogar. Meine Kolumbianisierung schreitet voran. Ein ziemlich lustiges Wochenende. Ein paar kommen noch auf mich zu.
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