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Ein verrücktes Wochenende mehr
Kurze Zeit glaubte ich, dass es vorüber sei mit dem Regen, zumindest war dieses Wochenende wolken- und regenfrei. Aber nein, pünktlich zum Wochenbeginn kam all das Regenwasser hinunter geprasselt, welches uns am Wochenende erspart wurde. Meine Kleidung von vorgestern tropft noch quasi noch immer… Sechsmal duschen pro Tag dürfte recht ungesund sein. Einmal morgens, dann zum Schwimmen, danach die nächste Dusche auf dem Weg von der Uni zur Haltestelle (was in etwa 5 Minuten Fußweg sind), danach konnte ich meine Kleidung komplett auswringen, im Transmilenio etwas getrocknet, wieder raus, auf dem Weg zur anderen Uni wieder ein Regenguss, das Wasser steht in meinen Schuhen. Noch ist es warm, ein heißer Kaffee und Gespräche über Möglichkeiten den Master im Ausland zu verbringen (ein Kolumbianer in Deutschland und eine Deutsche in Kolumbien). Zwei Stunden später auf dem Nachhauseweg, der Regen hat noch nicht geendet und da Madame ja keinen Regenschirm besitzt (den sie so oder so nur verlieren würde, ständig) bedeutet das erneutes Durchweichen. Zuhause angekommen, vom Mitbewohner ausgelacht, Klamotten vom Körper gerissen und zähneklappernd unter die heiße Dusche, noch mal ne Erkältung muss nicht sein. Starker Wochenbeginn also, nach einem starken Wochenende. Das erste, das ich komplett gefeiert hab und unterwegs war, wenig Schlaf, viele Leute, auch das ein oder andere alkoholische Getränk und viel Musik.
Der Freitag stand ganz im Zeichen des Geburtstages einer guten Freundin, Luz, in deren Wohnung ich anfangs gewohnt habe. Hier fängt das Feiern ziemlich früh an, Kike und ich waren also um acht Uhr abends schon spät dran, die Bar überfüllt, beinahe wären wir nicht reingekommen. Die Musik dröhnt, die Massen tanzen, wir finden noch zwei Stühle und setzen uns mit an den Tisch. Das Bier wird gleich im Kasten geordert, da die Bedienung sonst bei dieser Fülle überfordert wäre. Es scheinen ziemlich populäre Lieder zu laufen, bei jedem neuen ersten Ton brechen die Kolumbianer um mich herum in Jubelgeschrei aus und alle singen fleißig mit. Ein bisschen wie Karneval, nur nicht ganz so schreckliche Lieder. Es wird kein Ententanz aufgeführt und auch Kinderlieder werden vor der Verrohung bewahrt. Dann Vallenato. Ein typischer „Tanz“, eigentlich geht es nur darum möglichst eng aneinander geschmiegt sich im Takt zu wiegen. Kike zieht mich auf die Tanzfläche… ZU späterer Stunde dann Musik wie Salsa und auch noch ein wenig na ja, aufreibender. Irgendwann wird sogar ein wenig Techno und House gespielt, ganz wie in den deutschen Diskos, nur leert sich hier die Tanzfläche eher. Wir bleiben und schwitzen und hüpfen und tanzen, mal ein bisschen europäisch. Gegen zwölf Uhr kommen zwei coole Jungs mit Goldkettchen auf die Bühne gesprungen. Aus Cali. Und bringen die Menge wieder zum Tanzen. Reggeaton. Ach, was werde ich es vermissen. Tanzen und weggehen ist hier einfach etwas anderes. Gegen drei Uhr nachts liegen wir völlig erschöpft im Bett. So sind wir also in den Mai getanzt.
Eine geöffnete Bäckerei finden wir am Samstagmorgen nicht. Nur einen Supermarkt, Hauptsache ein bisschen frisches Baguette. Ich habe es mittlerweile sogar geschafft den werten Herrn davon zu überzeugen, Frischkäse mit Marmelade aufs Brot zu essen. Schmeckt. Auch wenn er es nicht zugeben will.
Gegen Nachmittag breche ich auf, spaziere die einsamen Straßen entlang, hinauf, steile Straßen bis zum Viertel La Macarena. Dort suche ich eine Garage. Genau. Um mein Auto zu parken. Ach nein, ich habe ja gar keins. In einem kleinen Hinterhof befindet sich heute eine kleine Zurschaustellung von verschiedenen Designern, darunter auch eine Freundin. Von Kleidung über Schuhe und Schmuck bis hin zu Lampen und Pflanzen. Ein bunter kreativer Mix. Ich verliebe mich in ein paar Schuhe, sammle Anregung zur Verzierung von Räumen. Da gibt es Pflanzen, die aussehen wie Steine (und auch so heißen: piedras vivientes, zu deutsch: lebende Steine), sie fühlen sich ganz glatt an, stammen aus Afrika und faszinieren mich. Andere Pflanzen befinden sich in einem alten Telefon, dort wo früher einmal die Drehscheibe war oder in verformten Vinyl-Platten. Auch die Lampen, die von der Decke hängen, versprühen ein angenehmes Licht. Die Wand-Aufkleber von chispum sind hervorragend.
http://chispum.com/blog/
Wenn man doch nicht aufs Geld achten müsste.
Ein paar Freunde kommen spät, später als verabredet, aber sie kommen. In einer nahe gelegenen Pizzeria gehen wir essen. Die beste vegetarische Calzone meines Lebens und ich kann es kaum glauben, aber sie kostet nur 3,500 Pesos. Großartig. Dann stapfe ich alleine weiter durch die bereits dunklen Straßen Bogotás. Einsam und verlassen. Richtung Parque Nacional. Dort spielen an diesem Abend Juerga Latina. Rap aus Bogotá vermischt mit Latino-Klängen.
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http://www.myspace.com/juergalatina
Ein guter Freund spielt Keyboard. Nur erstmal hinfinden. Die Adresse habe ich zwar, aber so ganz wohl in den wenig beleuchteten Straßen fühle ich mich nicht. Da blicke ich in zwei suchende Gesichter, ein Künstler-Pärchen, die ebenfalls jemanden aus der Band kennen, sucht genau wie ich das Haus Buena Vista (die angeblich beste Salsa-Bar Bogotás). Zusammen finden wir es, Yamile und Rodriguo sind nett und aufgeschlossen, wir kommen ins Gespräch, was ganz gut ist, denn wir sind bis jetzt die einzigen. Zehn Minuten später treffen die ersten Instrumente und Band-Mitglieder ein. Uns wurde gesagt um acht. Die Bar füllt sich nur spärlich, wir kriegen die Karte gereicht und verschlucken uns beinahe, recht happig die Preise. Wir bestellen erstmal nichts, warten und unterhalten uns. So vergeht die Zeit bis dann einige meiner Freunde auftauchen, zu denen ich mich geselle.
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Das Konzert beginnt so in etwa gegen halb zwölf. Reichlich spät, dafür ist es aber nicht zu verachten. Auf der Tanzfläche befinden sich ein paar Mädels, die aus dem Kreischen gar nicht mehr rauskommen. Als das Konzert vorbei ist, überlegen wir, wohin es denn gehen könnte. Ein Auto, acht Personen. Passt. Im Schneckentempo geht’s zu unserer Wohnung. Und da wird leise weitergefeiert. Getanzt, getrunken, gegessen (selbst die, die das restliche Kaninchen erledigt haben, haben überlebt). Nachts kann man hier alles Mögliche über einen Nachtkurier bestellen, sei es nur eine Schachtel Zigaretten. So ist es draußen bereits wieder hell als die sechs letzten Personen sich im Wohnzimmer zum Schlafen verteilen. Die Vögel zwitschern schon lange wieder.
Nach zwei Stunden Schlaf und ein wenig Aufräumen, dem verschlafenen Blick meines Mitbewohners und ein wenig Koffein, fahren wir Richtung Süden. Die Verabredung zum tejo spielen steht nämlich noch aus. Eigentlich sollten wir uns alle um zwei bei Kike treffen. Als wir losgehen ist es fünf. Die Kolumbianer und die Zeit. Das ist so eine Sache.
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Da Sonntagnachmittag ist, ist es gar nicht so einfach ein nicht besetztes Spielfeld zu finden. Wir sind viele, also teilen wir uns auf. Dem Glück ganz nah, finden wir einen Ort, doch als der Inhaber sieht, dass auch Frauen dabei sind, lässt er uns doch nicht spielen. Auf die Frage weshalb, weil halt. Abbringen lassen wir uns nicht. Fleißig geht die Sucherei weiter. Bis wir etwas finden. Tejo also. Man stelle sich eine riesige Halle vor, insbesondere männliches Publikum, viel Bier und explodierendes Schwarzpulver. Keine Angst, ist nur ein klein wenig gefährlich.
Da wir so viele sind, teilen wir uns auf, bekommen zwei Felder. Es gibt jeweils zwei Teams. Auf jeder Seite der Halle befinden sich rechteckige mit Lehm gefüllte angeschrägte Platten. In der Mitte eine runde Markierung, die von dreieckigen mit Schwarzpulver gefüllten Papierstücken verziert ist. Dann gibt es noch den tejo. Eine Art Puck, ziemlich schwer, gusseisern. Diesen gilt es so nah wie möglich aus einer beachtlichen Entfernung eben in die Mitte der Platte zu befördern. Und am besten das Schwarzpulver explodieren zu lassen. Dazu gibt es jede Menge Bier. Meine ersten Würfe gehen komplett daneben, habe schon Angst, dass ich jemanden versehentlich ermorde und doch noch in einem kolumbianischen Gefängnis lande. Aber es wird besser. Und besser. Die Koordination klappt, der Pegel steigt und wir spielen fröhlich. Dann. Ein Wunder. Ich treffe mitten in die Mitte. Glücksgeschrei. Luftsprünge. Einschlagen.
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Wir werden etwas seltsam beäugt von dem restlichen doch eher älteren Publikum. Schlussendlich gewinnt mein Team sogar. Meine Kolumbianisierung schreitet voran. Ein ziemlich lustiges Wochenende. Ein paar kommen noch auf mich zu.
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