Grau, grau, grau sind alle meine Kleider
Manchmal wird die Großstadt zur wirklichen Großstadt. Dann verschwinden die kleinen Nischen und Ecken, alles wird von einer riesigen grauen Wolke verschlungen (nein – keine Aschwolke, die ist euch Daheimgebliebenen vorbehalten). Hier ist es keine Asche, die sich auf alles und jeden niederlegt, sondern vielmehr der Smog. Nur selten haben die wenigen Sonnenstrahlen der letzten Tage die Kraft die dichte Wolkendecke zu durchdringen. Und wenn, dann auch nur für kurze Zeit.
Jedoch kommt ein wenig Farbe ins Spiel. Die grüne Welle. Keine neuen Parks oder Wiesen, die erbaut bzw. gepflanzt werden. Vielmehr eine politische Welle. Die Grünen in Kolumbien. Erst dachte ich, das sei ein Scherz. Aber nein, es hat sich eine neue Partei gegründet, die mittlerweile viele, viele Anhänger hat, insbesondere junge Menschen. Und was noch wichtiger ist: Die Partei hat eine Vision. Von einem ganz anderen Kolumbien. Die Moral der Menschen hier muss geändert werden. So wie Mockus, der Präsidentschaftskandidat der Grünen, es bereits zweimal in Bogotá getan hat. Mockus war zunächst unabhängig von jeglicher Partei, Direktor der Universidad Nacional de Colombia bis er, um einen Protest aufzulösen vor versammelter aufgebrachter Studentenschaft die Hosen runter gelassen hat (und das nicht nur im bildlichen Sinne gesprochen). Mit seinem ganz anderen Wahlkampf hat er es zum Bürgermeister der Hauptstadt geschafft, ist als Mähre verkleidet durch die Straßen gezogen, hat neue erfolgreiche Gesetze eingeführt und viel für die Hauptstadt getan. Jetzt hat er die Unterstützung einer neuen frischen Partei. Mit gestärktem Rückgrat trotzt er Angriffen der anderen Parteien, die alle gegen Mockus sind, da er nicht für den Uribismus steht. Sein Hauptgegner: Santos. Ehemaliger Verteidigungsminister, widerspricht sich gerne selbst, macht seine Gegner schlecht und erfährt trotz allem breite Unterstützung aus den Reihen der Bevölkerung. Und wenn nicht, dann wird sie eben gekauft oder erzwungen. So einfach ist das hier. Oft nur allzu offensichtlich, Korruption herrscht zwar überall auf der Welt, hier ist sie jedoch für jedermann sichtbar, wenn man sie denn sehen will.
Es ist spannend zu beobachten, was gerade so passiert. Mockus hat einen Großteil des Geldes, welches ihm und seiner Partei für den Wahlkampf zur Verfügung steht, in den Aufbau von Schulen investiert, macht Wahlkampf vor allem in jüngeren Medien. So ist täglich Neues auf Facebook von ihm zu lesen, er twittert fleißig, man hat plötzlich das Wahlprogramm in seinem Postfach. ZU Beginn dachte jeder noch, Eintagsfliege, hat so oder so keine Chancen gegen die vorhersehbaren Wahlen. Doch irgendwas passiert in den Köpfen, natürlich insbesondere in Bogotá und da vor allem in den Köpfen jüngerer Menschen, eben denjenigen, den der Zugang zum Internet gegeben ist. Es werden auch witzige Gruppen gegründet, wie z.B. „Prefiero el Parkinson de Mockus que la Gonorrea de Santos“ (zu deutsch: „Ich ziehe Mockus’ Parkinson der Gonorrhö von Santos vor“, zur Erklärung: vor einigen Wochen hat man bei Mockus das Anfangsstadium von Parkinson diagnostiziert, worauf jetzt die Partido de la U rumreitet und „gonorrea“ wird hier sehr gerne als Schimpfwort verwendet). Vielleicht ist es eine kleine Revolution, die da auf uns zurollt. In Form einer grünen Welle eben. Mittlerweile liegt Mockus in den Umfragen vor Santos, aber das hat in einem Land wie Kolumbien wenig zu bedeuten. Die Küstenregionen und natürlich auch die abgelegen ländlichen Gegenden sind alt eingesessen und werden ihre Stimmen nicht für solch einen Grünschnabel abgeben. So viel steht fest, es wird spannend.
Ich für meinen Teil würde mir ein wenig Wandel in diesem Land wünschen. Die Mentalität der Menschen, einwenig den Umgang miteinander, das Bildungswesen natürlich (Mockus sprach von einem Ausbildungssystem, das er sich von den Deutschen abschaut.) und vielleicht wird sogar ein Umweltbewusstsein geschaffen. Am 30.Mai wissen wir mehr, obwohl, wahrscheinlich wird es zu einer Stichwahl kommen, die wäre dann am 20.Juni. Jetzt flüchte ich mich erstmal zu den wirklichen Wellen, eine Woche San Andrés, Karibikinsel, weit, weit draußen im karibischen Meer. Lasse die Wellen des kristallklaren Wassers gegen meinen Körper schwappen und bin gespannt auf die letzte Woche Wahlkampf und, ganz klar, auf die Ergebnisse.
Kleiner Nachtrag: Interessantes Video über Mockus, seinen Wahlkampf zum Bürgermeister Bogotás und eben diese Zeit (ist allerdings auf Englisch/Spanisch)
http://www.megavideo.com/?v=0MKNIESG
Wo wir schon bei Politik sind (für alle spanischsprachigen Menschen unter euch):
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