Dienstag, 29. Dezember 2009

¡Feliz Navidad! Una Navidad bastante diferente...

Frohe Weihnachten, mal ganz anders.



Nach dem Dschungelabenteuer muss man sich also wieder in den Alltag einfinden. In den Großstadt-Alltag. Plötzlich sieht man den dann doch wieder ganz anders. Irgendwie fehlt das ganze Grün. Und die Straßen sind wieder überfüllt mit Autos, Autos und noch mehr Autos… Dafür blinkt und glitzert es umso mehr. Weihnachten steht vor der Tür.
Die muss nur noch aufgemacht werden.
Eine Woche lang also die Wohnung genießen, nen Pizza-Abend mit den Amazonas-Mädels, Pläne schmieden und wieder verwerfen, Deutsche Welle schauen und sich die Kältewelle, die über Europa gerollt ist, hierher wünschen, sich fragen und wundern, wo und wie Weihnachten zu verbringen. Sich von Freunden verabschieden, die man sobald nicht wieder sehen wird, da ihre Zeit hier in Kolumbien vorbei ist. Ein bisschen traurig sein, ein wenig einsam, aber sich auch glücklich schätzen diese Erfahrungen hier sammeln zu dürfen. Und sich um ein neues Visum kümmern. Denn ich werde noch ein halbes Semester hier studieren, ja, ein wenig seltsam vielleicht, aber ich mag die Stadt, auch mit ihren ganzen Abgasen, ihren enormen Staus und ihren Blinklichtern überall.
22. Dezember – der Wecker klingelt morgens um sechs. Und ich hab Ferien. Warum? Ich muss zum Ministerio de Relaciones Exteriores, um mein neues Visum zu beantragen. Vorher musste ich noch Dokumente von der Uni abholen. Und dann warten, warten und warten. Insgesamt fünf Stunden in einem überfüllten Raum mit vielen wartenden Menschen allerlei Nationalitäten. Aber diesmal bin ich vorbereitet: Buch, Musik, Skizzenblock, alles dabei, und doch fünf Stunden können ziemlich lang sein. Am nächsten Morgen, also ein Tag vor Heilig Abend, das gleiche Spiel, denn das Visum an sich reicht nicht aus. Ich muss zum D.A.S. und eine neue cédula beantragen. Aber entgegen aller Erwartungen ist es gar nicht wirklich voll und die Beamten sind nett und freundlich – einfach unglaublich, ein wenig Weihnachten liegt halt doch in der Luft. Und es sind nur zwei Stunden, die ich neben einem weiteren der vielen Plastik-Weihnachtsbäume sitzend verbringen muss. Einmal unterschreiben, Fingerabdrücke und in drei Tagen ist meine neue cédula angeblich in meinem Briefkasten. Vamos a ver;)
Und dann ist er da, der Heilig Abend. Der Wecker klingelt um sechs. Ja, es sind Ferien. Dusche, Frühstück und dann mit meiner Familie telefonieren. Irgendwie ist es ein wenig traurig, ich würd mich gerne in den Flieger setzen, um diesen besonderen Tag in meiner gewohnten Umgebung zu verbringen. Aber so ist es nun mal. Dafür sitze ich nirgendwo fest – weder auf irgendeinem Flughafen, noch in einem Tunnel oder af irgendeinem Bahnhof. Die Sonne scheint, es ist warm, ich hole mir einen Sonnenbrand – bei der Gartenarbeit. Hier wird nämlich ganz normal gearbeitet und ich hab versprochen einem guten Freund bei der Generalüberholung des Hauses zu helfen. Endlich etwas zu tun, und Erinnerungen an Semesterferien, in denen ich in einer Gärtnerei gearbeitet habe, werden wach. So verbringe ich den Vormittag also weit im Süden der Stadt, arbeitend…
Dann werde ich zum Mittagessen eingeladen, wir kochen zusammen, räumen Sachen hin und her, um zumindest ein bisschen Platz zu schaffen und die Zeit rast nur so. Plötzlich ist es fünf, ich bin schon viel zu spät dran, ziehe mich schnell um, und mein Weihnachtsgeschenk, das ich mir selbst gekauft hab, schon aus dem Schuhkarton ausgepackt, ein Paar wunderschöne braune Leder-Pumps, alles handgefertigt, einfach himmlisch. Dann ab zum Transmilenio und von weit im Süden, in den Norden der Stadt.

Es warten schon viele, Die Wohnung ist voll, fröhliche Musik läuft, Umarmungen, Begrüßungen, ich werde den Familienmitgliedern vorgestellt, die ich noch nicht kenne…
Es kommen immer wieder Menschen vorbei, trinken ein wenig, erzählen, verabschieden sich wieder um weitere Familien zu besuchen. Es ist ein reges Kommen und Gehen, ganz anders als das besinnliche Weihnachten in Deutschland. Und dann werden Möbel gerückt, um die Tanzfläche zu vergrößern.
Salsa, Merengue, und niemand bleibt verschont, es wird getanzt und getanzt und gelacht und gestaunt und getrunken – vor allem Cuba Libre mit gutem Rum

(auch wenn der aus Venezuela kommt, aber es ist ja schließlich Weihnachten, das Fest der Liebe, da ist kein Platz für Rivalitäten). Weihnachten ist hier einfach ein riesiges Fest, Weihnachtslieder hören sich für meine Ohren kaum nach solchen an, nichts mit „Alle Jahre wieder…“ oder „Stille Nacht, heilige Nacht…“, sondern eben viel fröhliche Salsa-Musik. Und das Tanzbein wird geschwungen, immer wieder, ob alt, ob jung…
Später dann gibt es reich zu essen. Natilla (eine Art Pudding aus Maismehl, in Variation mit arequipe oder Kokosnuss) und buñuelos (frittiertes Gebäck aus Yuca-Mehl und Käse)

– typisch für Weihnachten hier in Kolumbien. Danach Schwein und Pute, dazu Kartoffelsalat und Kokosnuss-Reis (für mich gibt es Fischfilet). Danach Obstsalat mit Sahne und dazu viel Rum… Und der Nachtisch darf natürlich nicht fehlen – leche asada (gebackene Milch).
Die Minuten vergehen plötzlich ganz langsam, die ersten werden müde, aber wir müssen bis Mitternacht durchhalten. Dann nämlich ist Bescherung angesagt.

Jeder bekommt ein Geschenk und jeder umarmt den Beschenkten, unter Rufen wird das jeweilige Geschenk ausgepackt, es wird applaudiert und auch für mich liegt ein Geschenk unterm Baum.
Ein wunderschöner Ledergürtel… Und guter kubanischer Rum.

Die Nacht bricht an und es wird weiter gefeiert. Selbst um zwei klingelt es noch an der Tür und weitere Verwandte tauchen auf, wünschen uns allen Frohe Weihnachten und machen sich nach dem ein oder anderen Gläschen irgendwann wieder auf den Heimweg. Dieses Jahr endet Weihnachten nachts um drei.
Den nächsten Tag verbringe ich fast nur schlafend… Abends gehe ich mit einem guten Freund italienisch Essen und dann ist Weihnachten hier auch schon wieder vorbei, denn hier gibt es nur einen Feiertag und das ist der 25.Dezember, aber ein großer Unterschied ist nicht zu spüren, nur dass die meisten Restaurants geschlossen haben und es nicht viel Stau gibt. Ansonsten: Geschäfte sind geöffnet, Menschenströme auf den Straßen und viel Sonne.
Weihnachten also mal ganz anders.
Schön war’s.
Aber das nächste Mal wieder im kalten Deutschland bei meiner Familie.

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