Ein wunderschönes neues Jahr…
29.Dezember:
Sonne, leichter Wind, Temperaturen um die 23°C.
Entspannter Tag. Aufräumen. Fernsehen. Lesen. Zeichnen. Verabredung in einem kleinen niedlichen Café. Bei der Eingangstür muss sogar ich mich bücken, um unverletzt eintreten zu können. Der Innenraum ist vielseitig gestaltet. Dunkel. Kamine. Kuschelige Ecken. Kissen auf de Boden. Niedrige Tische. Eine riesige reichlich verzierte Karte. Ein frischer Saft. Eine heiße Schokolade. Und endlose Gespräche. Eine Stunde. Zwei Stunden. Drei Stunden. Die Zeit vergeht. Plötzlich ist es spät abends. Wir müssen los, um den letzten Transmilenio noch zu erwischen. Gute Nacht.
30.Dezember:
Sonne, kein Lüftchen, Temperaturen um die 26°C.
Ausschlafen. Spaziergang bei sommerlichen Gegebenheiten. Einkaufen. Und dann backen. Oder erstmal Zutaten mischen. Hefeteig ansetzen. Kneten. Ruhen lassen. Kneten. Ruhen lassen. Kneten. Ruhen lassen. Kleine brötchenartige Kugeln formen. Gehen lassen. Der Abend bricht bereits an.
Hinein ins heiße Fett. Die ersten selbst gemachten Berliner meines Lebens. Ein bisschen deutsches Silvester. „Ein Herz und eine Seele – Der Sylvesterpunsch“ und „Dinner for One“ dürfen nicht fehlen.
31.Dezember:
Sonne, ein frischer Wind, Temperaturen um die 24°C.
Der Wecker klingelt um acht Uhr morgens. Sachen zusammenpacken. Warten. Auf den Anruf eines Freundes. Dann klingelt’s. Nicht das Telefon, sondern die Sprechanlage. Meine cédula de extranjería ist da. Zur Rezeption. Unterschrift. Und dann zum Transmilenio. Ab in den Süden. Die Sonne strahlt aus allen Knopflöchern. Kurze Hosen. Knappe Röcke. Sonnenbrillen. Sonnenschirme. Spiegelungen in den Fenstern. Auf dem heißen Asphalt. Zwanzig Minuten Fahrt und das Stadtbild ist ein völlig anderes. Kleiner Spaziergang. Kleine Wohnung. Recht kahl. Viel Musik. Kolumbianische. Fotos. Familien-Fotos. Gedichte. Gespräche. Spaziergang durch die Straßen. Besuch bei einem Freund in einem der ärmsten und heruntergekommensten Teilen Bogotás: Ciudad Bolívar. Kolumbianischer Wein (nicht zu empfehlen, wir teilweise aus Rosinen hergestellt, ist also ziemlich süß und klebrig.) Zurück. Umziehen. Sechs Uhr abends: Anstoßen auf das neue Jahr, das zu dem Zeitpunkt in Deutschland beginnt. Treffen mit weiteren Freunden. Das ein oder andere Bierchen. Immer ein Auge auf die Uhr. Telefonate. Sorgen, wo ich bleibe. Es ist bereits dunkel. Bus, Transmi oder Taxi? Alleine oder in Begleitung? Taxi in Begleitung. Und plötzlich steh ich im Mittelpunkt. Eine Deutsche. In Kolumbien. Musik. Tanz. Viel Tanz.
Viel Alkohol. Auch Silvester wird im Familienkreis gefeiert. Kurz vor Mitternacht. Linsen werden verteilt. Entweder in den Schuh damit oder in die Hosentasche. Für den Geldsegen im nächsten Jahr. Dann zu jedem der zwölf Glockenschläge eine Weintraube. Eine Traube, ein Wunsch. Umarmungen und die besten Wünsche. Dann erhält jeder eine Kerze. Die erste wird angezündet und die Wünsche für das kommende Jahr in ein Gebet verfasst. Die nächste Kerze wird angezündet. Weitere Wünsche. Und die nächste Kerze. Und Wünsche. Bis der Kreis geschlossenen ist. Das Vaterunser. Und dann beginnt das neue Jahr. Es werden tamales gegessen,
die Berliner danach. Feuerwerk ist kaum zu sehen. Ein paar Knaller sind zu hören, aber vor allem Musik dröhnt von überall her.
Es wird wieder getanzt und gelacht und getrunken bis die ersten sich verabschieden und schlafen gehen. Zu siebt in einem kleinen Zimmer, die Nacht ist kurz.
1.Januar:
Sonne, kein Lüftchen regt sich, Temperaturen um die 27°C.
Frühstück auf der Terrasse. Tamales, Brot und heiße Schokolade. Einige müde Gesichter.
Foto-Session mit Mariana, der einzigen kleinen im Kreise.
Kissenschlachten.
Kabbeleien. Lachen, viel lachen. Und dann den Grill anschmeißen. Traditionelles Grillen zum Jahresbeginn, der sich gar nicht nach Jahresbeginn anfühlt. Januar, was ist das schon hier?
Es wird gegrillt. Aber anders als in Deutschland. Plátanos. Fleisch, viel Fleisch, Innereien. Kartoffeln und Yuca dazu. Guacamole. Für mich gibt’s einen Fisch.
Dann wird wieder viel gelacht, erzählt… Ich bin mal wieder die Hauptattraktion. Nestor weiß lange Zeit nicht, dass ich Deutsche bin, sondern glaubt ich sei Kolumbianerin, bis er irgendwann aufgeklärt wird. Noch mehr Gelächter. Wörter, die mir erklärt werden. Seltsame „Tischsitten“. Alles wird auf ein Tablett gepackt und jeder greift zu. Mit den Fingern versteht sich. Wir ziehen uns gegenseitig auf. Ich würde eine Studie verfassen. Seltsame Gewohnheiten der Kolumbianer und hätte mir nach Kriterien bestimmte Personen herausgepickt. Irgendwann geht das Bier zur Neige. Also gibt es Glühwein. Ein bisschen heimelig wird’s mir da. Auch wenn ich noch nie Glühwein vom Grill getrunken habe…
Dann macht die Vegetarierin unter uns – also ich – aus dem Gehackten Frikadellen. Und wie gut die ankommen. Irgendwann starten wir dann Karaoke. Das erste Mal in meinem Leben. Schrecklich. Der Wein ist auch leer. Und die Augen werden schwer.
Das Haus ist klein, der Schlafplatz begrenzt. Sofas werden gerückt. Schlafplätze in Autos hergerichtet. Es geht halt irgendwie. Ich ergattere mir ein Stück Sofa. Von den Knien abwärts gibt’s nichts, aber egal. Wir schlafen.
2.Januar:
Sonne, leichte Brise, Temperaturen um die 26°C.
Müdigkeit herrscht vor. Ein Spaziergang zur Avenida Boyacá, um den Bus in Richtung Süden zu nehmen. Aufpassen, dass wir nicht einschlafen. Die Sonne taucht alles in ein gleißendes Licht. Ab ins Haus, die Frische genießen. Frühstück. Schlafen. Reden. Gedichte. Schlafen. Mittagessen. Schlafen. Fotos. Noch ein Kaffee und dann aufbrechen in Richtung nach Hause.
So beginnt also hier ein neues Jahr.
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