.jpg)
Eine letzte kurze Reise
Was als Schnapsidee – oder eher Biermarathonidee – begann, resultierte in einem sonnigen feuchtfröhlichen Wochenende ohne Marathon wenige Stunden entfernt von der Hauptstadt, die noch immer von grauen Wolken und niedrigen Temperaturen dominiert wird. Am Freitagabend fahre ich zunächst in einem kleinen colectivo in den Süden, habe dabei etwas Angst, weil der Bus eine ganz andere Route einschlägt als gewohnt. Irgendwie komme ich dann aber doch an. Ich bin schon ein bisschen zu spät, aber Enrique hat noch nichtmal gepackt. So schwierig ist es nicht, schließlich geht’s ab in Richtung Sonne und damit verbunden: Hitze. Zwölf ganz unterschiedliche Menschen treffen sich im Viertel. Zwei Autos. Und viel Bier. Nach ein paar Zwischenstopps fahren wir in die blaue Nacht hinein. Hier ein Halt und dort ein Halt. Kurvige Straßen. Stau. All das führt dazu, dass wir erst gegen halb zwei Uhr nachts ankommen in dem Ferienzentrum „Lagosol“, nah bei Girardot und Melgar. Obwohl es schon so spät oder auch früh ist, erschlägt uns die Hitze. Die Schwimmbecken sind allerdings schon lange geschlossen. Es bleibt uns nichts anderes übrig als die Ventilatoren anzuschmeißen und darauf zu hoffen, dass die Nacht doch noch ein wenig Kälte mit sich bringt. Auf den Terrassen lassen wir uns nieder bis uns die Äuglein zufallen und wir uns vor Müdigkeit beinahe auf allen Vieren in die Betten begeben. Irgendjemand hat klugerweise den Wecker gestellt und nach nur wenigen Stunden Schlaf werden wir von lautem Türgehämmere geweckt. Zeit fürs Frühstück. Das mit dem vegetarischen Essen scheint zunächst etwas kompliziert, denn selbst das Rührei ist mir Schinken gespickt. Doch ist es kein Problem ein paar Dinge zu ändern am Menü. Ich muss sogar nichtmal mehr anstehen so wie der Rest der Truppe und mit dem pinkfarbenen Bändchen ums Handgelenk mein Essen entgegennehmen. Sehr seltsam. Das ganze erinnert stark an Hotelurlaub, den ich nie erfahren musste oder auch an absichtlich verpasste Abschluss-Fahrten. Die gesamte Parkanlage ist adrett hergerichtet, es gibt einen kleinen See, auf dem man sich tretbootfahrenderweise die Nase verbrennen kann, Schwimmbecken, ziemlich viele, ziemlich flache, ein Spielsalon mit Billard, Tischtennis, rana und noch so einigem mehr. Gegen neun Uhr morgens schwitzen wir schon so sehr, dass wir uns dringend ins kühle Nass schmeißen müssen. Wir kapern eines der vielen Becken mit viel Geschrei und Gespritze. Auch sonst fallen wir während unseres Aufenthalts ein wenig auf, den größtenteils genießen hier Familien das verlängerte Wochenende, Montag ist mal wieder Feiertag. Wir hechten von Schwimmbecken zu Schwimmbecken (übrigens sind Badekappen auch hier Pflicht), verschrecken ein paar Kinder als wir uns die Rutsche runterschlittern lassen bis wir rausgepfiffen werden.
.jpg)
Die Bademeister als Spaßverderber, dabei sind wir ganz vorsichtig und belästigen auch niemanden. Später liefern wir uns eine Wasserballschlacht und dann gibt es auch schon Mittagessen. Tische werden gerückt. Eine große Tafel für uns alle. Gesättigt treibt sich die Meute im Spielsaal rum, Schatten, denn die Sonne brennt erbarmungslos auf uns nieder. Ich gewinne haushoch gegen Enrique beim Tischtennis – lange ist’s her, aber es gab Zeiten, da stand eine Tischtennisplatte bei uns im Keller und das hat sich gelohnt. Der Rest spielt Billard oder rana. Enrique und ich beschließen uns mit dem Tretboot auf den See zu begeben – geschätzte Tiefe ein halber Meter und trotzdem müssen wir Schwimmwesten anlegen. Nun denn. Wir strampeln fleißig und merken gleichzeitig wie die Sonne sich in unser Fleisch brennt trotz Sonneschutzfaktor 50.
.jpg)
Eine kurze Pause im Schatten, den Libellen und bunten Schmetterlingen beim Flattern zusehen und mit ein paar Lenkschwierigkeiten zurück zum Ufer.
Es gibt sogar jeden Tag ein reichhaltiges Programm, Fußballturniere, Aquaerobic und einen Entspannungskurs, den einige von uns mitmachen. Atemtechniken, autogenes Training, Dehnungsübungen, ein bunter Mix aus allem vermischt mit typischem Entspannungstirili und abgedunkeltem Raum. Nach anderthalb Stunden sind unsere bereits jetzt schon sonnengeplagten Körper entspannt. Ziel des Wochenendes erreicht. Die anderen treffen wir in unseren Apartments, sie haben bereits die Tassen gehoben und sind leicht angeheitert. Auch wenn es so scheint, als ob ich in letzter Zeit öfters mal feiere, ich widme mich auch ernsthaften Dingen und arbeite bereits fleißig an meiner BA-Arbeit oder besuche Lesungen mit nationalen Autoren oder oder oder. Gleichzeitig muss jeder mir noch bleibende Tag ausgekostet werden und wenn das nun mal feiern bedeutet, gerne doch. Nach dem leckeren Abendessen fahren ein paar von uns nach Melgar, um alkoholischen Nachschub zu besorgen, denn der ist relativ teuer in unserer Wochenendbleibe. Wir warten und warten und warten und nciken auch schon mal weg unter dem Ventilatorgebläse. Als alle da sind, fällt unser Plan ins Wasser, denn wir wollten eigentlich de Abend im Whirlpool verbringen, doch die sind schon geschlossen. Da müssen wir wohl oder übel Billard spielen, denn selbst die Fete, die gegen neun Uhr begonnen hat, hält sich in Grenzen, was den Spaßfaktor angeht. Carolina, eine der beiden Zwillingsschwestern, und ich suchen nach einem einigermaßen funktionierenden Kicker, was alles andere als einfach ist, die Spieler sind entweder kopflos, verdreht, nicht vorhanden oder sehr träge. Nichts desto trotz geben wir uns eine Partie deutschen Kneipen-Nationalsport und niemand muss kriechen. Perfekt. Dabei wird Wasser getrunken, natürlich verantwortungsbewusst wie wir sind, haben wir Flüssigkeit gegen Flüssigkeit getauscht und nun umso mehr Spaß. Die Jukebox haben wir auch ausgetrickst, es gibt Musikwünsche bis zum Umfallen ohne dafür zahlen zu müssen. Und das tun einige fast. Vor Müdigkeit. Als wir um fünf Uhr morgens in Richtung Betten stolpern. Die Nacht ist wiederum kurz, denn das Frühstück wartet noch immer nicht auf uns. Verschlafen gibt es ein richtig kolumbianisches Mahl – fleischhaltig natürlich. Da freue ich mich bereits auf ein gemütliches Sonntagmorgen-Frühstück auf der Terrasse mit frischen Brötchen, Marmelade, Käse, Kaffee und was sonst noch so dazu gehört.
Danach schmeißen wir uns wieder mit aller Kraft ins Wasser – was kann man auch anderes machen bei der unglaublichen Hitze, allen läuft der Schweiß am Körper herunter…
Arschbomben einigermaßen synchron hinzubekommen ist gar nicht so einfach. Wir versuchen es dennoch bis die Trillerpfeife ertönt und wir aufgefordert werden, es doch bitte zu unterlassen. Den Spaß lassen wir uns nicht nehmen und toben weiter durchs Becken, reichlich unterhaltsam sind die Versuche um die Wette zu schwimmen, denn „tschawuman“ (so betonen Kolumbianer das deutsche „schwimmen“) kann nicht einer von ihnen. Die Versuche, ihnen ein wenig beizubringen scheitern nicht komplett, aber dennoch. Zur Messe wollen wir nicht, also weiter zum Mittagessen.
Später dann sind wir unterwegs nach Girardot, um Familie von Carolina und Lida zu besuchen. Fenster auf, Musik auf(gedreht). Und los. Diesmal sitze ich hinten im „Kofferraum“ zusammen mit Michel (was „Mietschel“ ausgesprochen wird, hat also nichts von dem kleinen süßen blonden schwedischen Jungen zu tun), anschnallen ist so oder so nur für Fahrer und Beifahrer Pflicht und wie viele Personen in einem Auto transportiert werden, ist auch nicht von großer Bedeutung. Tante und Onkel der Zwillingsschwestern besitzen einen kleinen Laden und wir lassen uns großzügig mit Getränken bewirten, die Musik wummert weiterhin, die Nachbarn, die gegenüber in ihren Schaukelstühlen hin- und herwippen, sehen uns schmunzelnd zu. Ein kleiner Junge kommt auf seinem winzigen quietschgrünen Fahrrad angeradelt und kauft sich für ein bisschen zusammengespartes Münzgeld eine Cola. Wir tanzen und reden und haben unseren Spaß, vergessen Kälte und Alltag Bogotas.
Die Sonne ist bereits untergegangen, wir wollen zurück, doch es gibt Startschwierigkeiten, so verzögert sich unsere Rückfahrt und wir kommen recht spät zum Essen. Zurück in den Apartments fallen einige in einen komatösen Schlaf, aber wir Mädels nutzen die Gelegenheit und reservieren zwei Whirlpools. Wer nicht kommt, hat Pech, umso besser, mehr Platz für uns. Der Himmel ist sternenklar und es blubbert nur so vor sich hin. Abkühlung für den Sonnenbrand, trotz der vielen Sonnencreme haben sich die meisten von uns in nur zwei Tagen dermaßen verbrannt, ich ebenso. Meine Schultern ertragen es nicht jegliche Last zu tragen, selbst die Handtasche muss ich mit Händen tragen. Aber besser als zu bibbern. Diese Nacht ist glücklicherweise etwas länger, vor Erschöpfung und Hitze fallen wir in einen tiefen, tiefen Dornröschenschlaf. Und morgens wieder ähnliches Programm: frühstück, Schwimmbecken. Diesmal unterhalten wir unsere Miturlauber mit unseren lustigen Spielchen. Um die Wette schwimmen, tauchen, durch die Beine der anderen tauchen usw.
Dann ist das verlängerte Wochenende auch schon vorbei. Zimmer aufräumen, Sachen packen, ein letztes Mittagessen und dann fliehen wir vor der Hitze. Heute scheint die Sonne noch unerträglicher, schnell in die Autos, in denen man sich wie in der Sauna fühlt, aber besser als sich noch stärker zu verbrennen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen