All die Dinge, die ich vermisst habe
Ein x-beliebiger Morgen in der kolumbianischen Hauptstadt. Die Sonne strahlt trotz der ersten sich ankündigenden Wolken. Sie brennt sich in mein Fleisch. Diese kolumbianische Sonne, sie muss eine andere sein, so wie es die Wolken sind, die Baumwipfel, die Berggipfel. Der Kaffee köchelt vor sich hin in der kleinen italienischen Espresso-Kanne auf dem Gasherd. Ein Gasherd, wie wunderbar. Frisch gepresster Orangensaft, Rührei mit Zwiebeln und Tomaten, dazu arepa und nicht zu vergessen die Hängematte. Der riesige Wohnraum. Alles in wohliges Tageslicht getaucht. Morgens ist es einfach herrlich. Da steht man gerne auf. Anfangs hatte sich zwar die Dusche gegen mich verschworen, aber auch sie wird mittlerweile heiß. Meistens kann ich mir die Zeit nehmen aufzuwachen, der Traumwelt zu entfliehen. Da klingelt der Wecker schon zwei- , dreimal. Aber was soll’s, dann geht es eben ein wenig später ins Bettchen. Das ist ja das Gute am Journalistendasein, man kann sich seinen Tag mehr oder weniger selbst einteilen, Spontanität muss an den Tag gelegt werden. Auf die winzigen Details muss man besonders Acht geben, da verstecken sich die besten Geschichten. Vielleicht erzählt mir die kleine Plastikkuh unterm Mandarinenbäumchen mal was Neues. Und frühes Aufstehen funktioniert auch. Wenn es sein muss, außerdem funktioniert mein sprechender Wecker auch weiterhin einwandfrei.
Und noch immer habe ich nicht alle Menschen wiedergesehen. Seit langem steht eine Einladung zum Essen aus. Juan Diego lud mich in die falsche Tür ein. „La puerta falsa“ ist die älteste Gaststätte, die noch immer intakt ist und zu einem der hundert Orte gehört, die man in Südamerika besucht haben muss, sonst war man nicht wirklich hier;) Die Spezialität des Hauses: Tamales. Eine kurze Wiederholung der kolumbianischen Köstlichkeiten. Auch wenn die Cuisine nicht immer die beste ist, nach einigem leckt man sich doch die Finger. Tamales: Eine Maismehlmasse inklusive Hühnchen (das ich weglasse), gegart im Bananenblatt. Dazu gibt es heiße Schokolade, in die man je nach Geschmack Käse brockt und almojábana, kleine Maiskrapfen mit salzigem Frischkäse gebacken. Wie schon erwähnt, die falsche Tür ist DER Anlaufpunkt in dem noch sehr ursprünglichen kolonialem Viertel La Candelaria. Und so stürmen plötzlich große blonde Personen die kleine Empore, auf der normalerweise die Einheimischen ihre „Onces“ genießen. Once bedeutet elf und ist mehr oder das, was bei uns Kaffee und Kuchen oder bei den Briten Teatime ist. Die Horde Ausländer versucht sich ebenfalls an der verpackten Maismasse und es scheint zu munden. Kein Wunder, irgendwie muss ich noch jemanden finden, der mir beibringt, wie man diese Leckerei herstellt, nur die Möhrenscheibe darf man nicht mitessen, da sammeln sich sämtliche Schadstoffe drin. Eine weitere wunderbare Erfindung sind arepas con huevos. Maisfladen, in denen sich ein Ei befindet, diese kleinen goldgelben Dinger triefen nur so vor Fett, denn wie fast alles, werden sie gut ausgebacken. Dazu ají, eine scharfe Soße, oder guacamole, Avocado-Creme. Ein typisches Essen auf der Straße, dabei lernt man auch immer mal wieder ein neues kolumbianisches Gesicht kennen. Aber es gibt auch gesunde Sachen: die Obst-Verkäufer. Für etwa 35 Cent erhält man frisch aufgeschnittene Mango, Papaya und Ananas. Kleinigkeiten, die den Tag schöner machen.
Um über tiefgreifende Dinge zu schreiben: Das Wetter bessert sich. Der erste Sonnenbrand ist da. Die Nasenspitze und der Nacken sind krebsrot. Aber was soll’s, gegen Sonne habe ich definitiv nichts, dieses Gestirn hebt die Laune. Ein Lächeln wird zum Lachen bevor sich wieder die nächste große graue Wolke auftut.

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