Der Abschied von Linda ist kurz, wir werden uns wiedersehen in
Deutschland- keine Frage. Mit meinem Rucksack, der nun gefühlte zehn, wirkliche
zwei Kilo leichter sein dürfte, fliege ich quasi dem Treffpunkt in der
Innenstadt entgegen. Dort wartet bereits Gabriel. Nach einer längeren
Beratungs- und Bedenkzeit haben wir uns gestern dazu entschieden, die Metro bis
nach Portugalete zu nehmen. Erstens empfehlen das sogar die Reiseführer, da die
Strecke ausschließlich durch das enorme Industriegebiet Bilbaos führt und
zweitens die Wettervorhersage den heißesten Tag der Hitzewelle angekündigt hat.
Wir fahren also ein paar Stationen und als wir aussteigen, auf wen treffen wir
da? Pascal.
Nach anfänglichen Orientierungsproblemen machen wir den ersten
wirklichen Pilgerschritt für heute. Bis nach Pobeña sind es, ja, wie viele
Kilometer eigentlich? So langsam verlieren die Zahlen an Bedeutung. Wochentag?
Donnerstag. Ja, das weiß ich noch. Die Etappe heute ist recht kurz und eben,
gut für meine noch immer blauen Zehen. Die meiste Zeit pilgern wir auf einem
breiten Fuß- und Radweg fern von jeder Straße durch vor Grün nur so strotzende
Hügel. Hühner, Ziegen und Pippi-Langstrumpf-Pferde sind unsere Begleiter. Und
Menschen auf Rädern, mit Handtüchern bewaffnet. Denn: Wir werden das Meer
wiedersehen.
Die Sonne sticht. Der Schweiß rinnt und die anfängliche Vorfreude
aufs Meer hält nicht lange an. Eine Umleitung, normalerweise wären über einen
lang gezogenen Sandstrand nach Pobeña gewandert. Doch nix da. Baustelle. Nach
Zusatzkilometern sind wir nach Pascal als erste an der Herberge. Im Schatten
warten wir auf Einlass. Irgendwie ist es nicht mein Tag. Auch die heiße Dusche
und ein Gespräch darunter mit einer älteren Irin, die mit Freundinnen unterwegs
ist, oder dem Wartegespräch mit Albert aus Barcelona, ändern nichts daran. Das
merken auch Roberto und Gabriel, schleppen mich mit an den Strand, der nur über
Umwege zu erreichen ist. Wellen, die gegen meinen Körper schlagen, der graue
Himmel, die erdrückende Schwüle.
Wäsche waschen und schon halb trocken
aufhängen. Wie in schon anderen Herbergen gibt es „Wäschetrockner“, eigentlich
sind es Wäscheschleudern, die wortwörtlich das Wasser aus der Wäsche
schleudern. Man füllt die nasse Wäsche in das röhrenförmige Gefäß, steckt den
Stecker in die Dose und schon rattert es los, das altbackene Monstrum, kurz
danach spritzen die ersten Tropfen Waschwasser aus dem kleinen Röhrchen. So
lange warten bis kaum noch etwas herauskommt und dann noch ein, zwei Stündchen
auf die vollbesetzte Wäscheleine.
Da Gabriel der Meinung ist, ich würde nicht genug
essen, gehen wir zu dritt ins einzige Restaurant des Ortes. Salat, Schwertfisch
und Dessert für 10 Euro. Doch der Service ist ziemlich schlecht; der Kellner
drängt uns förmlich. Wir haben noch nicht einmal den ersten Gang zur Hälfte
beendet, da bringt er schon schnellen Fußes den zweiten mit dem Hinweis, dass
dieser schnell kalt werden würde. Außerdem ist es laut. Am Nachbartisch sitzt
eine spanische Gruppe junger Pilger, unter ihnen auch Víctor. Das ist mir heute
alles zu viel. Am liebsten möchte ich mich vergraben. Ich gehe einfach
schlafen.
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