Aufstehen ist kaum möglich. Mein Kopf dröhnt, meine Beine
fühlen sich an wie Pudding. Niemals schaffe ich 25 Kilometer bis nach Sebrayu.
Niemals. Gerade so schaffe ich es bis zur Dusche. Aus der nur kaltes Wasser
kommt. Nur mit Hilfe kann ich den gasbetriebenen Wasserheizer in Gang bringen.
Da steht auch noch zu allem Übel die Labertasche Rosie in der Tür. Mir wird
prompt wieder schlecht.
Nach der warmen Dusche friere ich wieder und kuschele
mich in die Decke. Die hospitalera lässt mich, sie bereitet Juan Carlos, der
nicht ohne mich weiterziehen will, und mir einen Milchkaffee zu und bringt ein
paar trockene Kekse. Zumindest setzte ich mich auf, packe meine Sachen. Wir
werden in den Bus steigen und bis zur nächsten knapp zehn Kilometer entfernten Herberge
fahren, entscheiden wir als ich nicht mehr ganz so wackelig auf den Beinen bin.
Denn hier zu bleiben ist witzlos, es gibt noch nicht einmal einen Arzt in der
Nähe, den man aufsuchen könnte.
In La Isla werden wir am Straßenrand heraus
gelassen und da merke ich es wieder. Laufen geht einfach noch nicht. Im
Schneckentempo krieche ich vor mich hin. Kurzerhand zieht Juan Carlos alleine
los, um seinen Rucksack zum Ziel zu bringen und mich wieder abzuholen, dort, wo
ich mich hingehockt habe. Auch diese hospitalera kümmert sich rührend um mich,
sie hängt Bettlaken aus den Fenstern, damit ich auf der Terrasse auch genug
Schatten habe. Da taucht Rosie auf, und quatscht Juan Carlos voll. Ich sitze
teilnahmslos daneben, das Rauschen im Kopf vermischt sich mit der Erzählung der
dramatischen Erlebnisse der ach so pilgererfahrenen Spanierin aus Toledo (bei
jeder Gelegenheit erzählt sie, wie es denn in Toledo sei, definitiv eine Stadt,
die ich niemals zu Gesicht bekommen werde, allein schon aus Angst, sie wieder
zu sehen). Ein blauer Kleinlaster hätte auf einer Straße durch den Wald
neben ihr Halt gemacht und der Fahrer hätte ihr Sex angeboten. Jetzt hält Rosie
immer Ausschau nach einem dunkelblauen Wagen. Ich nippe weiter an meiner
Orangenlimonade, Juan Carlos verdreht die Augen, selbst die sich zuvor hier
sonnende Katze nimmt Reißaus. Nachdem wir uns registriert haben, bewegen wir
uns vom Haus der hospitalera zur wirklichen Herberge. Es gibt eine
funktionstüchtige Küche!
Erst einmal lege ich mich draußen auf die Bank. Der
Kopfschmerz verschwindet gemächlich. Richtig gut geht es mir noch nicht, aber
um Kilometer besser als gestern. Gegen
Nachmittag schaffe ich es sogar, meine Wäsche zu waschen und lerne dabei die
beiden Japanerinnen kennen, die seit Bilbao unterwegs sind. Etwas später
schlendern Juan Carlos und ich gemütlich durch das kleine Örtchen, kaufen im
winzigen Supermarkt frisches Gemüse und kochen, zurück in der Herberge, eine
Riesenportion Nudeln mit Gemüsesoße. Sogar mein Magen macht mit. Früh gehen wir
schlafen, um zu sehen, wie weit wir morgen kommen.
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